Dieses Wissen um mein Können im Hinterkopf, fand ich mich an einem Sonntag im Spätsommer in Latsch, im Herzen des Vinschgaus, wieder.
Ich habe mir sagen lassen, dass dieses Gebiet eine Art Mekka für Mountainbiker ist, mit Touren, die von einfach und für die ganze Familie geeignet bis zu technisch sehr herausfordernd reichen. Begleitet wurde ich auf meinem „Zweirad-Abenteuer" von Hannes Silbernagl, ein Experte auf seinem Gebiet (u. a. hat er ein Buch über Mountainbiketouren im Vinschgau geschrieben) und Gründer der Bike Academy Lana.Zwar spürte ich v. a. in den Beinen eine große Müdigkeit, da ich am Vortag den Ortler bestiegen hatte, aber ich freute mich so sehr, meine Leidenschaft fürs MTB in diesem Gebiet ausleben zu können, dass dies schnell vergessen war. Außerdem klärte ich mit meinem Guide sofort: „Kein Bike mit Elektrounterstützung für mich!" Es tut mir leid und ich weiß, ich wirke vielleicht altmodisch, aber ich bin wirklich gegen diese Art von E-Bike. Oder besser gesagt: ich bin absolut für das unterstützte Radeln als ökologisches Verkehrsmittel um sich in der Stadt zu bewegen bzw. als Hilfsmittel für jene, die mit körperlichen Einschränkungen zu kämpfen haben. Aber bitte hört mir mit dem E-Biken auf, das für technische Wege gedacht ist oder um „Sport" zu machen, denn in diesen Fällen glaube ich aus tiefstem Herzen, dass man betrügt, weil man viel weiter kommt, als es die eigenen Kräfte zulassen würden. Allerdings scheine ich mit dieser Meinung einer immer kleiner werdenden Minderheit anzugehören, speziell weil sogar Hannes mich auf einem E-Bike überrascht! Er bemerkt, dass ich mich fehl am Platz fühle und beginnt, mir die Vorteile seines „Arbeitswerkzeuges" zu illustrieren. Ein höchst personalisiertes E-Bike, sei es wegen der Zollgröße der Reifen (29" vorne und 27" hinten) sowie der 4-Kolben Bremsen vorne und hinten. Hannes führt weiter aus, dass die Anzahl und die Leistung der Akkus nicht zuletzt vom Fahrergewicht abhingen. Er erzählt mir von seiner Touren-Scouting-Aktivität im Gebiet um die besten und schönsten Wege für seine Klientel zu finden; dies wäre aufgrund der Kilometer- und Höhenmeteranzahl mit einem weniger innovativen „Fortbewegungsmittel" fast unmöglich.
Er fügt hinzu, dass inzwischen nur noch eine auf 100 Anfragen ohne „E" sei. Ich lasse mir keine Gefühlsregung anmerken und schwinge mich auf meinen Sattel. Zugegeben – ich empfehle die Benützung des Sessellifts um sich einige Höhenmeter zu sparen und die schönsten Stunden des Tages am besten zu nützen um mehrere verschiedenen Abfahrten auszuprobieren. Hannes und ich werden heute den neuen Barbarossa-Trail testen, der von der Tarscher Alm, die einen atemberaubenden Blick bietet, bis zur Talstation des Sessellifts führt. Wir haben für die 6 km ca. 45 Minuten (inklusive Fotos) benötigt. Der Trail ist wunderschön: eingebettet in Wälder, die nach Harz duften, bietet er eine wirklich variantenreiche Abfahrt, die sogar über gebaute Holzkonstruktionen führt. Die ständig wechselnde Neigung und die verschiedenen Untergründe passen perfekt zu meinen Ansprüchen. Während der Abfahrt beschränkt sich Hannes nicht nur auf die Wahl der besten Variante, sondern gibt mir einige wertvolle Techniktipps (die Jungen fahren das MTB ein wenig…moderner), sodass Spaß und Sicherheit in großem Ausmaß zunehmen. Ich bin glücklich wie ein Kind und das Knödeltris auf der Tarscher Alm versüßt mir die Pause vor der zweiten Abfahrt.
Die Trails hier sind alle sehr gut ausgeschildert und machen großen Spaß; natürlich ist es wichtig, den richtigen zu wählen und es ist immer besser, sich von Kennern beraten zu lassen, bevor man sich hinunterstürzt.
Grundregel: seid besonders achtsam bei der Wahl des Trails, ich empfehle die http://www.singletrail-skala.de/ zu konsultieren; geht von eurem tatsächlichen Können aus, lasst euch beraten und gegebenenfalls von jemandem begleiten, der sich auskennt!